Auf einer Tafel  steht "Heute Abitur" (Sina Schuldt/picture alliance/dpa)
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Einheitliches Abitur in Sicht?

Sind die Abitur-Aufgaben in Bayern schwerer als im Saarland? Die Debatte gibt es seit Jahrzehnten, doch es scheint sich etwas zu tun: Die Bundesländer wollen das Abitur in Deutschland vergleichbarer machen.

Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam – besonders wenn es gilt, die Interessen von 16 Bundesländern unter einen Hut zu bringen. In Sachen Bildung haben die Kultusministerinnen und -minister der Länder das Sagen, und deswegen tat man sich lange schwer damit, sich zu einem bundesweit vergleichbareren Abitur zu einigen. Schon 1972 war von einer „Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe“ die Rede, danach gab es Reform um Reform, doch bahnbrechend war keine davon.

Notenstatistik beim Abi sehr unterschiedlich 

2017 forderte das Bundesverfassungsgericht eine bessere Vergleichbarkeit der Abitur-Noten: Denn der Verdacht lag nahe, dass Studienbewerberinnen und -bewerber mit einer schlechteren Note benachteiligt wurden, weil die Bewertungsmaßstäbe in ihrem Bundesland vielleicht härter waren als bei Mitbewerberinnen und -bewerbern mit besserer Note aus einem anderen Bundesland.

In der Tat ist die Spannbreite bei den Abschlussnoten im Bundesländervergleich bis heute sehr groß: 2022 schafften in Thüringen laut der Abiturnotenstatistik etwa 46 Prozent ein Einser-Abi (1,0-1,9), in Schleswig-Holstein waren es nur 25 Prozent. 

Ein Mädchen beugt sich über ein Blatt Papier
Noch sind die Prüfungen bundesweit nicht einheitlich null Sebastian Gollnow/picture alliance/dpa

„Ein historischer Tag für die Bildung“

Als die Kultusministerinnen und -minister der Bundesländer 2020 tagten, beschlossen sie, die Rahmenbedingungen fürs Abitur stärker anzugleichen. Das sei „ein historischer Tag für die Bildung in Deutschland“, erklärte Stefanie Hubig, die damalige Präsidentin der Kultusministerkonferenz, nach der Entscheidung. Damals wurde beschlossen, dass die Bundesländer spätestens zur Abitur-Prüfung im Jahr 2023 verpflichtend die Hälfte der Aufgaben aus einem gemeinsamen Pool entnehmen müssen. Das gilt zunächst für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch; zum Jahr 2025 sollen dann Biologie, Chemie und Physik folgen.

Da sich nur ein Drittel der Abiturnote aus den Prüfungsergebnissen errechnet, die Leistungen aus der zweijährigen Qualifikationsphase dagegen zu zwei Dritteln in die Note einfließen, soll nun auch die Qualifikationsphase stärker vereinheitlicht werden. Bundesweit ist geplant, die Zahl der Leistungskurse in der Oberstufe auf maximal drei zu reduzieren. Erstmals ist auch eine einheitliche Vorgabe für die Anzahl und Gewichtung von Klausuren vorgesehen: In den Leistungskursen sollen bundesweit pro Halbjahr nur noch ein bis zwei Klausuren geschrieben werden, die zu 30 bzw. 50 Prozent in die Endnote einfließen.

Mit weiten Abstand sitzen Schülerinnen udn Schüler an Tischen und schreiben (Patrick Pleul/picture alliance/dpa)
Gute Abiturnoten sind der Schlüssel zu Numerus-Clausus-Fächernnull Patrick Pleul/picture alliance/dpa

Echter Fortschritt oder doch nur „Trippelschritte“? 

Gelten sollen die Regelungen spätestens für Schülerinnen und Schüler, die 2030 ihr Abi machen. „Wir sind froh, wenn die Kultusministerkonferenz den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts von 2017 nun erfüllt und für mehr Vergleichbarkeit beim Abitur sorgt", sagte Susanne Lin-Klitzing, Vorsitzende des Deutschen Philologenverbands, der Lehrkräfte an Gymnasien und Sekundarschulen vertritt. Es sei noch nicht alles, aber viel von dem erreicht worden, wofür man seit langem eintrete. 

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, äußerte sich skeptischer: Von einer echten Vergleichbarkeit sei man noch eine weite Wegstrecke entfernt – es seien eher „Trippelschrittchen“, die jetzt gemacht würden.

suc/io (dpa, AFPD)